Leben mit einer Gerinnungsstörung

Leben mit einer Gerinnungsstörung

Frauen sind ebenso betroffen

Auch bei Konduktorinnen sind verminderte Faktorwerte möglich, sodass sie ebenfalls an einer Blutgerinnungsstörung und damit verbundenen Symptomen leiden können. Allerdings stoßen sie tw. auf wenig Verständnis, da in der medizinischen Fachwelt oftmals noch kaum bekannt ist, dass Konduktorinnen von einer leichten Form der Hämophilie betroffen sein können.

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Symptome

Typische Symptome, unter denen Du als Konduktorin möglicherweise leiden könntest, sind eine Neigung zu blauen Flecken und häufiges Nasenbluten. Auch ist es möglich, dass kleinere Wunden bei Dir länger nachbluten. Nach einer Operation oder einem zahnärztlichen Eingriff können ebenfalls Nachblutungen bei Dir auftreten. Auch wenn Du ein Kind bekommst, besteht ein erhöhtes Risiko für Nachblutungen. Außerdem kann es sein, dass Du eine verstärkte bzw. längere Menstruation hast. Durch die Blutungsneigung kann es manchmal auch sein, dass Du eine Eisenanämie (Blutarmut) entwickelst. In seltenen Fällen leiden Konduktorinnen auch an Gelenksblutungen.

Was ist „normal“?

Konduktorinnen selbst ist oftmals gar nicht bewusst, dass sie unter Hämophilie-Symptomen leiden. Sie finden sich bspw. damit ab, dass sie häufig Nasenbluten haben. Ganz ähnlich ist es bei der Periode – Konduktorin Carmen erzählt, was viele Betroffene beim Einsetzen ihrer Menstruation ganz ähnlich erleben: „Die Regelblutung kam dazu. Jeden Monat sehr viel Blut. Auch hier, bei meinen Schwestern, war es nicht anders – dann ist das wohl so. Oder fragen Sie Ihre Nachbarin, wie viel Blut sie bei der Menstruation verliert? Nein. Also lebt man damit.“

Achte auf Dich

Wenn Du bemerkst, dass Deine Menstruation besonders stark ist oder Du häufig Nasenbluten hast, schieb diese Beobachtung nicht einfach so beiseite – auch wenn Dein Umfeld Dir einzureden versucht, dass alles in Ordnung ist. Du kennst Dich und Deinen Körper schließlich am besten. Sprich mit einem Arzt und lass Deinen Gerinnungsfaktor bestimmen.

Tipps fürs Arztgespräch

Leider kommt es häufig vor, dass Ärzte den Beschwerden von Konduktorinnen mit Unverständnis begegnen. Wenn Dir das ebenfalls passiert, musst Du Dich damit nicht abfinden, sondern kannst selbst aktiv werden:

  • Lass Dich nicht gleich abwimmeln, sondern bleib hartnäckig.
  • Begegne dem Arzt selbstbewusst und auf Augenhöhe, so wird er zum Partner auf Deinem Weg zur Heilung.
  • Wecke seinen Ehrgeiz, das Problem zu lösen bzw. die Ursache für Deine Symptome herauszufinden.
  • Hol Dir bei Bedarf eine Zweitmeinung ein.

Tipp: Auch Frauen mit anderen Blutgerinnungsstörungen, wie z. B. dem von-Willebrand-Syndrom , erleben es manchmal, dass ihren Beschwerden wenig Verständnis entgegengebracht wird. Mehr dazu erfährst Du auf dem Blog von Ines.

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Gut vorbereitet auf Notfall und Operation

Deinen Notfallausweis solltest Du stets dabeihaben. Falls Du noch keinen hast, kannst Du über unseren Bestellservice  kostenlos einen bestellen. Auch der Hämophilie-Ausweis, eine Notfalldosis Faktorpräparat sowie die Telefonnummer des behandelnden Hämophilie-Zentrums sind wichtig.

Sprich vor einem medizinischen Eingriff oder einer Zahn-OP mit Deinem behandelnden Arzt im Hämophilie-Zentrum sowie dem Chirurgen oder Zahnarzt. Gemeinsam können beide Spezialisten den Eingriff planen sowie einen möglicherweise notwendigen Substitutionsplan erstellen. Außerdem ist wichtig, dass Deine Gerinnungswerte während und nach der OP überprüft werden.

Schwangerschaft und Geburt

Wenn Du einen Kinderwunsch hast, lass Dich vorher von Deinem Arzt ausführlich beraten und Deinen Faktorspiegel im Hämophilie-Zentrum messen. Die Beratung gibt Dir die Möglichkeit, Dich intensiv mit der Erkrankung auseinanderzusetzen und Deine Betreuung in der Schwangerschaft gut zu planen. Denn durch eine professionelle Betreuung während der Schwangerschaft sind Du und Dein Kind gut geschützt.

Junge oder Mädchen?

Lässt Du das Geschlecht Deines Babys bestimmen, erfährst Du frühzeitig, ob Du einen Jungen oder ein Mädchen bekommst. Bei einem Sohn besteht eine Wahrscheinlichkeit von etwa 50 %, dass er an Hämophilie erkrankt ist. Das Geschlecht kann ab der 9. Schwangerschaftswoche durch einen Bluttest oder ab dem zweiten Trimester durch eine Ultraschalluntersuchung bestimmt werden.

Hat mein Kind Hämophilie?

Um festzustellen, ob Dein Kind an Hämophilie erkrankt ist, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

Zum einen kann direkt nach der Geburt im Hämophilie-Zentrum untersucht werden, ob Dein Sohn von Hämophilie betroffen ist. Dort wird er dann optimal versorgt.

Zum anderen lässt sich dies mithilfe der sog. Pränataldiagnostik bereits vor der Geburt feststellen. Dabei stehen Chorionzottenbiopsie (Entnahme von Mutterkuchengewebe), Amniozentese (Fruchtwasseranalyse) oder Cordozentese (Nabelschnurpunktion) als Untersuchungsmethoden zur Verfügung. Bei den Untersuchungen bestehen allerdings auch immer gewisse Risiken. Lass Dich hierzu von Deinem Arzt beraten.

Wenn vor der Geburt feststeht, dass Dein Sohn an Hämophilie erkrankt ist, wende Dich an ein Hämophilie-Zentrum und lass Dich dort beraten. Wähle für die Entbindung eine Klinik aus, die über Erfahrung bei der Geburt hämophiler Kinder und ggf. Betreuung von Müttern mit Blutgerinnungsstörungen verfügt. Denn auch während der Geburt ist eine gute Betreuung das A und O. Hämophile Kinder kommen dabei im Allgemeinen ohne Komplikationen zur Welt, bei den Konduktorinnen besteht allerdings, wie bereits erwähnt, ein gewisses Risiko für Nachblutungen – ein Grund mehr, sich in sichere Hände zu begeben.

Übrigens: In der Schwangerschaft verbessert sich die Blutgerinnung meistens, da der Gerinnungsfaktor ansteigt. Nach der Geburt stellen sich die alten Werte aber wieder ein.